31.10.2022, 19:00
Random White House (ehem. Bauleitgebäude) - Campus Westend der Goethe-Universität
Nina-Rubinstein-Weg 10, Frankfurt am Main
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Naturwissenschaften im Kapitalismus – eine etwas andere Studieneinführung

Wer ein MINT-Fach (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) studiert, hat sicherlich gründlich über diese Entscheidung nachgedacht; über die Schwierigkeiten des Studiums ebenso wie über die Berufsaussichten. Er*sie hat sicherlich gehört, dass MINT-Absolvent*innen gesucht sind. Und nicht nur das: Weil Deutschland nach allgemeiner Ansicht von Innovationen lebt, können MINT-Student*innen sich auch über gesellschaftliches Lob für ihre Studienwahl freuen. Ganz nebenbei kann mensch noch stolz darauf sein, mit seinen*ihren Innovationen die Welt voranzubringen.
Wir wollen in unserem Workshop einmal einen Schritt zurücktreten, uns das größere Bild anschauen und die Fragen stellen, die im Studium nicht behandelt werden: Wofür ist das Wissen, das in den MINT-Fächern produziert und gelehrt wird eigentlich gut? Was für Widersprüche gibt es in dieser Gesellschaft beim Umgang mit naturwissenschaftlicher Erkenntnis? Und wie lassen die sich erklären?
Einerseits stimmt es ja: Ohne sehr weit gehendes Wissen über naturwissenschaftliche Zusammenhänge gäbe es weder Antibiotika noch Flugzeuge (aber auch keine Atombomben...). Insofern sind naturwissenschaftliche Erkenntnissen für diese Gesellschaft zentral.
Andererseits kommt Wissen in einer seltsamen Art und Weise vor:
Ein Großteil der Bevölkerung wird – entgegen dem Gerede von der Wissensgesellschaft, in der wir angeblich leben – von fundiertem Wissen über die Natur ausgeschlossen. Wer in der schulischen Auslese nicht in den oberen Rängen landet, erfährt nur wenig über die Grundlagen der Technik mit deren Anwendung er*sie dennoch tagtäglich konfrontiert ist.
Wissen wird auch nur sehr selektiv produziert. An einer Krankheit wie Malaria erkranken im Jahr mehr als 200 Mio. Menschen neu. Für die großen Pharma-Unternehmen ist eine solche Zahl aber noch lange kein Argument, groß in die Medikamentenentwicklung einzusteigen. Warum?
Neu geschaffenes Wissens, das z.B. die Herstellung eines ganz neuen Produkts ermöglicht oder ein verbilligtes Produktionsverfahren, wird nicht allgemein zur Verfügung gestellt (obwohl doch niemand die eigenen Kenntnisse durch Weitergabe des Wissens verlieren würde). Stattdessen werden Anstrengungen unternommen (und vom Staat durch entsprechende Gesetze unterstützt), alle anderen von diesem Wissen oder wenigstens seiner Nutzung auszuschließen.
Obwohl wissenschaftliche Erkenntnis ihrer Natur nach universell ist, legen Staaten ziemlich viel Wert darauf, dass die entsprechenden Erkenntnisse auf ihrem jeweiligen Territorium entstehen. Sie betreiben Forschungsförderung in großem Maßstab und versuchen, „Elite-Universitäten“ heranzuzüchten oder zu erhalten.
Grund genug, sich einmal näher damit zu beschäftigen, welche Funktion Wissen im Kapitalismus hat und welcher Umgang mit naturwissenschaftlicher Erkenntnis aus dieser Funktion folgt.
Eine Veranstaltung im Rahmen der kritischen Einführungswochen des AStA der Universität Frankfurt.